Julia Nüsch Illustratorin aus Hamburg

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Foto: Hannes Lintschnig

Foto: Hannes Lintschnig

Warum bist du Illustratorin geworden?

Als Kind kannte ich das Wort Illustratorin zwar nicht, aber Geschichten wollte ich immer erzählen und auch stets mit Bildern. Gezeichnet habe ich auch schon immer.

Illustration aus "Der Kaufmann von Venedig" (erschienen im Kindermann Verlag, Berlin)

Illustration aus "Der Kaufmann von Venedig" (erschienen im Kindermann Verlag, Berlin)

Wie sieht so ein Arbeitstag bei dir aus?

Wenn ich einen Auftrag bekomme, bin ich anfangs sehr aufgeregt und habe so etwas wie Lampenfieber. In meinem Atelier sitze ich manchmal Tage lang vor einem leeren Blatt. Meist kümmere ich mich dann erst einmal um meine Grafik-Aufträge und skizziere nebenbei auf allen möglichen Papierschnipseln oder auf Rückseiten von Rechnungen etc. Irgendwann traue ich mich zurück an meinen Zeichentisch, meistens kommen dann die Inspirationen von selbst. Ich habe zwei Tische, einen zum Zeichnen und für meine Wasserfarben und einen mit Blick auf den Deich für meine Computerarbeiten und aus dem Fenster träumen. Wenn ich dann so richtig drin bin, höre ich auch nicht mehr auf zu zeichnen. Oft arbeite ich bis tief in die Nacht und übernachte dann auch manchmal auf dem Sofa in meinem Atelier.

Gibt es Illustratoren, die dich beeinflusst haben/beeinflussen?

Ja, sehr viele. Ich sammle schön illustrierte Bücher und liebe die Inspiration. Als Kind habe ich mir immer und immer wieder die Zeichnungen meines Vaters angesehen. Das hat mich sehr geprägt und in mir den Wunsch geweckt, eines Tages auch so schön zeichnen zu können.

Illustration aus "Der Kaufmann von Venedig" (erschienen im Kindermann Verlag, Berlin)

Illustration aus "Der Kaufmann von Venedig" (erschienen im Kindermann Verlag, Berlin)

Was war deine allererste Illustration?

Als Kind habe ich gemeinsam mit meiner Schwester all unseren Hörspielkassetten neue Cover verpasst. Oft hatten wir die Originale einfach verloren. Von Bibi Blocksberg, Benjamin Blümchen, Heidi bis zu Momo und Jim Knopf war alles dabei. Im Campingurlaub an der Ostsee habe ich den Fußboden unseres Vorzeltes mit aneinandergeklebten DIN A4 Bögen ausgelegt und zeichnete eine riesige Unterwasserwelt mit unzähligen Wesen, die ich vorher ausschnitt. Jahre später haben wir noch kleine Papier-Meerjungfrauen und unzählige Ungeheuer in allen möglichen Ecken gefunden. Allerdings weiß ich nicht mehr, was zuerst war, Kassetten oder Unterwasserwelt.

Was inspiriert dich? Woher kommen die Ideen?

Das ist sehr unterschiedlich. Manchmal träume ich was Schönes, manchmal sind meine Augen so schlecht, dass ich Gesehenes falsch interpretiere und dadurch auf ganz neue Ideen komme. Wenn es um einen konkreten Auftrag geht, erzähle ich mir im Kopf immer wieder die Geschichte und wünsche mir ganz doll, dass ich einen Einfall bekomme. Irgendwann kommt er dann.

Illustration aus "Der Panther" (erschienen im Kindermann Verlag, Berlin)

Illustration aus "Der Panther" (erschienen im Kindermann Verlag, Berlin)

Hast du einen Lieblingsillustrator?

Oh, unzählige.

Hörst du beim Illustrieren Musik oder Hörbücher, oder soll es lieber still sein?

Ich darf mich beim Zeichnen überhaupt nicht auf meine Arbeit konzentrieren, sonst wird das nichts. Ich muss immer halb abgelenkt und am besten tief versunken in Geschichten sein. In meinem Atelier läuft ständig ein Hörbuch, ein Video oder eine Serie im Hintergrund.

Meist schaue ich die dann zwar nicht, aber stelle mir die Bilder beim Zuhören vor.

Julias Arbeitsplatz

Julias Arbeitsplatz

Hast du einen Lieblingsplatz zum Illustrieren?

Ja, meinen Zeichentisch im Atelier. Einige Bilder habe ich auch an der Ostsee gezeichnet, als es windstill war. Das war schön, aber die Bedingungen sind zu selten so gut.

Gibt es eine Wunschgeschichte, die du gerne mal illustrieren würdest?

Oh ja. Eine Geschichte von Michael Ende wäre schön. Oder Pippi Langstrumpf oder ein Märchen oder, oder ... Ein großer Wunsch geht gerade in Erfüllung, denn ich arbeite an Illustrationen zu einer eigenen Geschichte, die im Frühjahr 2021 erscheinen wird. Verträumt und/oder witzig muss eine Geschichte sein. Dann bekomme ich sofort Lust, sie zu illustrieren.

Illustration aus "Der Panther" (erschienen im Kindermann Verlag, Berlin)

Illustration aus "Der Panther" (erschienen im Kindermann Verlag, Berlin)

Gibt es eine Illustration, auf die du besonders stolz bist?

Ja, meinen Panther finde ich auch selber sehr schön und denke immer: 'Habe ich das gemalt?' Den Prinzen von Marokko und den Dogen aus "Der Kaufmann von Venedig" mag ich auch.

Wenn du gerade nicht illustrierst, was tust du dann gerne?

Schlafen, wandern, reisen, baden, schwimmen und Geschichten erfinden.

Was macht für dich den Beruf des Illustrators aus?

Das Geschichten erzählen mit Bildern, die beim Lesen vor dem inneren Auge entstehen. Diese dann aufs Papier zu bringen, ist die Herausforderung. Manchmal ergibt sich dabei auch etwas ganz Neues, das ist dann für mich selber spannend. Vielleicht ist das vergleichbar mit Töpfern. Es schält sich peu a peu eine Form heraus. Mein Gefühl dabei ist, als würde sich die Illustration selbst erschaffen. Ich selber habe damit gar nicht mehr viel zu tun.

Illustration aus "Der Panther" (erschienen im Kindermann Verlag, Berlin)

Illustration aus "Der Panther" (erschienen im Kindermann Verlag, Berlin)

Hast du manchmal auch einfach keine Lust zu zeichnen/zu malen? Musst du dich dann motivieren? Und wenn ja, wie machst du das? Gibt es so etwas wie eine Schreibblockade auch beim Illustrieren? Also so eine Kreativblockade?

Ja, auf jeden Fall — und starke Blattangst, die Angst vor dem Anfangen. Leider habe ich kein Gegenmittel dafür. Ich hoffe, das Rätsel kann ich irgendwann lösen.