Ein seltsames Spiel

Geschrieben von brain2206

Flo, Ramona und Kerstin machen in ihrem Urlaub eine Wanderung in den Bergen. Nach einem sehr langen und steinigen Fußmarsch finden sie eine Höhle, deren Eingang sehr schwer zu entdecken war. Flo ist neugierig und möchte gerne das Höhleninnere besichtigen.

Ramona fragt, ob er sich sicher ist. „Wir haben hier keinen Handyempfang. Was ist, wenn etwas passiert?“

Er lacht. „Was soll denn passieren?! Vielleicht haben wir etwas Geheimnisvolles gefunden. Lass uns reingehen.“

Mit mäßiger Laune betritt das Dreiergespann das Gewölbe. Durch ihre eingepackten Taschenlampen können sie jedes Detail erkennen.

Nach kurzer Zeit betreten sie einen großen, erhellten Raum. Zuerst wundern sie sich, woher das Licht kommt, aber nachdem sie einen Berg aus Edelsteinen sehen, denken sie nicht mehr darüber nach. Ramona möchte voller Freude auf die Kostbarkeiten loslaufen, aber Kerstin kann die Freundin gerade noch stoppen. Sie hält Ramonas Hand fest und zeigt nach rechts.

In der Ecke sehen die Freunde eine blaue Drachendame, die ein Schläfchen hält. „Die Höhle gehört einem Drachen“, murmelt Flo und zeigt auf viele Tierknochen. „Das gefällt mir nicht. Sollen wir lieber umkehren?“

„Ich glaube, das ist besser“, flüstert Kerstin. „Aber seid ganz leise.“

Bei der Rückkehr rutscht Ramona auf einem Stein aus und landet schreiend und schmerzerfüllt auf dem Boden.

Der Drache schreckt auf und sieht die drei Freunde. Er springt auf und stellt sich direkt vor den kleinen Höhlenausgang. „Einen Drachen im Schlaf aufwecken?! Schlimmer geht´s nicht! Bestimmt wollt ihr auch meine Glitzersteine stibitzen.“ Sie sieht in die verängstigten Augen der Freunde. „Ich bin so gnädig und fresse euch nicht sofort auf. Ihr habt noch eine Chance. Übrigens: Mein Name ist Thea.“

„Was müssen wir tun, damit wir nicht gefressen werden?“, fragt Flo.

„Das werdet ihr schon sehen“, lächelt sie. „Folgt mir, aber ich warne euch. Versucht nicht zu fliehen!“
Auf dem Weg durch den langen Korridor kommt eine Weggabelung. „Ich habe in vielen Räumen ein paar Spiele, die ihr bestimmt kennt. Ihr dürft wählen, wer bei welchem gegen mich antritt, aber wählt weise. Jeder hat nur einen Versuch. Wenn ihr alles verliert, könnt ihr ausrechnen, was euch passiert …“

Nach wenigen Minuten Fußmarsch sehen sie im Raum ein großes Schachbrett mit steinernen Figuren. Thea stellt sich auf die Seite der weißen Figuren und fragt, wer gegen sie antreten möchte. Ramona und Kerstin schubsen Flo zum Schachbrett, wünschen ihm viel Glück und das Spiel beginnt …

Nach 30 Minuten zieht die Drachin eine Figur und ruft gehässig: „Schachmatt!“ Flo sieht entsetzt zu ihr, die sich vor Freude die Krallen leckt und seinen runden Bauch anstupst. „Für ein paar Mahlzeiten reichst du mir.“ Sie sieht sich Ramona und Kerstin an und murmelt. „Ihr werdet auch gut schmecken und …“

Jetzt protestiert Ramona und stellt sich mutig vor das blaue Wesen. „Halt` mal die Luft an! Du hast gesagt, dass wir ALLE eine Chance bekommen und wenn einer gewinnt, können wir gehen!“

„Ja, ja, ja. Brüll nicht so, sonst kommst du als erstes in den Topf.“ Thea verdreht die Augen, überlegt kurz und bittet alle in den nächsten Raum.

„Das sieht aus wie ein großes Mühle-Spiel“, schlussfolgert Ramona. „Das übernehme ich!“

Die Drachin gähnt, kichert und lässt Ramona den ersten Zug.

20 Minuten später hat die Freundin die Partie verloren und sieht zur Siegerin, die mehrere Kochrezepte murmelt.

Ramona blickt zu Kerstin. „Lass uns bei deinem Spiel bitte nicht im Stich. Ich möchte nicht, dass Flo im Backofen endet und …“

„Gefüllter Flo!“, ruft Thea und schnippt mit den Fingern. Das ist eine gute Idee. Vielen Dank!“

Flo dreht sich mit finsterer Miene zu Ramona. „Danke, Ramona. Hast du noch mehr so großartige Kochideen für die Drachin!?“

„Ihr habt ja noch eine Chance“, kichert Thea. „Aber wie ihr euch gerade anstellt, seh´ ich bei euch schwarz. Wie wäre es mit Halma?“

Sie sehen zu Kerstin, die keine große Begeisterung zu dem Spiel zeigt und Flo sieht sich bereits in Gedanken im Backofen.

Während des Spiels geht Flo in Gedanken zur Drachendame.

„Darf ich euch was fragen?“

„Das dürft ihr, aber ihr endet sowieso auf meinem Teller.“

Flo sieht sie nachdenklich an: „Es ist eine so schöne gigantische Höhle und ich sehe nur dich. Bist du hier allein?“

Jetzt stockt die Drachendame mit dem Zug und wird lauter. „Ja, das bin ich. Hast du etwas dagegen?“

„Irgendwie kann ich mir das nicht vorstellen“, widerspricht Flo. „Warum hast du überhaupt die schönen Spiele für zwei oder mehr Personen? Außerdem musst du von jemanden die Regeln beigebracht bekommen haben. Ich glaube kaum, dass dir ein Mensch alles gezeigt hat, bevor du ihn gefressen hast.“ Er sieht sich um. „Du hast bestimmt viele Drachenfreunde. Wo sind sie?“

Jetzt sieht das Dreiergespann, wie ihr eine Träne an der Wange entlangläuft und bleibt still.

Kerstin überlegt und geht vorsichtig auf sie zu. „Ist deinen Freunden etwas passiert?“

„JAAA!“, faucht sie und speit durch die Höhle einen gewaltigen Feuerstoß, sodass sich kleine Felsen von der Decke lösen. „Unser großer Höhlenausgang ist vor kurzem eingestürzt und dreimal dürft ihr raten, wo sie gewesen sind. Jetzt bin ich allein! Zufrieden!?“

Die Freunde sehen, wie Thea in Tränen ausbricht. Jeder der Freunde nimmt etwas aus den Rucksäcken, was wie ein Taschentuch wirkt, und reicht es ihr. „Nein, das sind wir nicht“, wispert Ramona und sieht kurz zu Flo und Kerstin. „Es tut uns wirklich leid, was passiert ist. Wir wissen, dass wir deine Freunde nicht zurückholen können, aber wir hätten eine Idee.“  

„Ach ja? Und die wäre?“

Die Freunde erklären ihr den Vorschlag und sehen, wie die Drachendame die Tränen aus dem Gesicht wischt und aufmerksam zuhört.

„Seid ihr euch damit wirklich sicher? Ihr wisst schon, dass ich euch fast gefressen habe.“

Sie nicken und möchten das Halma Spiel gegen Kerstin gerne sehen …

Nach dem verlorenen Spiel sieht sie zu den Freunden. „Wenn ich euch jetzt gehen lasse: Haltet ihr wirklich euer Versprechen?“

Sie geben ihr Wort und folgen ihr zum Höhlenausgang. Kerstin dreht sich zu Thea um. „Wie kommst du jetzt aus dieser Höhle raus? Gibt es noch eine Möglichkeit?“

Schniefend schüttelt sie den Kopf und bleibt stehen. Die Freunde schauen sich an und kramen in den Rucksäcken. Ramona holt ein Gruppenfoto heraus und reicht es ihr. Thea nimmt das Bild in die Hand und bedankt sich bei den dreien. Das Team verabschiedet sich von ihr und verlässt schnell die Höhle.

Nachdenklich setzt sich die Drachin auf den Boden neben die Edelsteine und überlegt, ob sie sich an ihr Versprechen halten …

Am nächsten Tag wacht Thea auf und sieht als erstes das Bild von Kerstin, Ramona und Flo. „Ich glaube nicht, dass sie wiederkommen“. Schniefend macht sie sich ein kleines Frühstück aus Kräutern und Moos und denkt darüber nach, warum sie so gemein zu denen gewesen ist. „Sie wollten mir am Ende helfen und was mach ich? Ich wollte sie fressen …“  

Es fällt ihr schwer, die Kräuter einzunehmen, als sie Stimmen hört. Sie dreht sich um und sieht voller Begeisterung, wie Flo, Ramona und Kerstin die Höhle mit einigen Kartons betreten.

„Glaubst du wirklich, wir lassen dich im Stich“, ruft Flo. „Auch wenn du mich wie eine Weihnachtsgans ausstopfen und backen wolltest. Bei diesen mitgebrachten Spielen wirst DU in die Röhre schauen.“

Die Drachin ist mehr als sprachlos und weiß voller Tränen nicht, was sie sagen soll.

Kerstin macht einen Schritt nach vorne. „Übrigens wird bald der kleine Höhleneingang ausgebaut, aus dem wir gekommen sind. So kannst du endlich die muffige Höhle verlassen und …“

„Kann ich dann bei euch wohnen? Ich will hier nicht mehr bleiben“, und sieht schluchzend zur eingestürzten Stelle, wo ihre Drachenfreunde begraben sind.

Das Dreiergespann sieht sich schmunzelnd an: „Natürlich darfst du zu uns. Ich glaube, das wird eine wundervolle und die einzigartigste Freundschaft aller Zeiten …“

Zu dieser Geschichte gibt es 1 Kommentar

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Vanessa – 9. März 2024

Eine wundervolle Geschichte über Freundschaft

Mega, immer weiter so, ich freue mich auf mehr Geschichten von dir .