Hände weg von Mississippi

Hände weg von Mississippi

Großmutter Dolly hat eine riesengroße Ferienüberraschung für Enkelin Emma: ein Pferd mit dem abenteuerlichen Namen Mississippi. Doch der schmierige, geldgierige 'Alligator' bedroht das Sommerglück.

Emma kann es kaum fassen: Ein echtes Pferd ganz für sie allein. Es heißt "Mississippi" und ist die treue Stute vom verstorbenen Klipperbusch. So ein supertolles Geschenk kann nur von Emmas Großmutter Dolly kommen. Merkwürdig nur, dass Klipperbuschs Neffe, den alle den "Alligator" nennen, das Tier plötzlich unbedingt zurück will. Hängt das etwa mit Klipperbuschs geheimnisvollem Testament zusammen? Als auch noch Dollys Hunde spurlos verschwinden und ein Erpresserbrief auftaucht, beginnt ein spannender Wettlauf gegen die Zeit.

Emma verbringt alle Schulferien am liebsten bei ihrer Oma Dolly auf dem Land, denn dort gibt es jede Menge Tiere. Ihre Oma bringt es einfach nicht übers Herz in Not geratene Tiere sich selbst zu überlassen und hat es schon zu einer stattlichen Anzahl Katzen, Hunde, Vögeln, Fischen und sogar zu einem alten Pferd gebracht. Und dieser Sommer soll für Emma ein ganz besonderer werden ....

Dolly brauchte ziemlich lange, um sie wach zu kitzeln. "Na?", sagte sie. "Landluft macht müde, was?" "Furchtbar!", murmelte Emma uns setzte sich verschlafen auf. "Wie du bloß um diese Zeit schon so munter sein kannst." "Ach, weißt du", Dolly seufzte, als sie sich an den Küchentisch setzte , "das frühe Aufstehen macht mir nichts aus. In meinem Alter schläft man sowieso weniger, aber dieses Fahrradfahren ... scheußlich. Neuerdings muss ich in drei Nachbardörfer. Manchmal bin ich schwer in Versuchung das Auto zu nehmen." "Soll ich für dich die Zeitungen ausfahren?", fragte Emma. "Mir macht das überhaupt nichts." "Nein, lass mal", Dolly lachte. "Dann komm ich, wenn du wieder weg bist, gar nicht mehr aufs Rad." "Kannst du es nicht einfach lassen?", fragte Emma. "Du hast doch deine Rente und ein bisschen was Geerbtes von Opa." "Tja, weißt du", Dolly trank einen Schluck Kaffee, "Aldo wird nicht jünger, die Hunde müssen gegen Tollwut geimpft werden und irgendeine Katze kriegt immer Junge. Das ergibt eine Menge Tierarztrechnungen. Da kann ich jede Mark gebrauchen." Emma nickte.

In dem Moment klopfte es an der Haustür. Tom und Jerry blieben liegen, aber Zottel schoss so wild unterm Tisch hervor, dass Emma sich den Kakao über die Jeans goss. Bevor Dolly an der Tür war, hatte Zottel die Klinke schon runtergedrückt. "Geh zur Seite, du Verrückter", sagte Dolly und schob sich mühsam an dem schwanzwedelnden Riesen vorbei.

Vor der Tür stand Aaron Knapps, der Tierarzt. Als Zottel ihn sah, verschwand er schnell wieder unterm Tisch. "Na, sieh mal an, wenn man vom Teufel spricht", sagte Dolly. "Was machst du denn hier? Hab ich dich angerufen?" "Nein!", sagte der Doktor. "Verflixt, Dolly, ich bin so wütend, dass ich platzen könnte." Knapps musste den Kopf einziehen, um sich nicht an Dollys Haustür zu stoßen. Ärgerlich stapfte er an ihr vorbei in die Küche. Als er Emma sah, brachte er ein kleines Lächeln zuwege. "Oh, hallo, Emma, auch wieder im Lande?" "Du meine Güte!" Dolly schob ihm einen Stuhl hin. "Du hast ja einen knallroten Kopf. Was ist denn passiert?"

Doktor Knapps stellte seine Arzttasche ab und versuchte seine langen Beine unterm Tisch unterzubringen. Aber da war einfach kein Platz zwischen all den Hundeschnauzen. "Möchtest du vielleicht einen Kaffee?", fragte Emma. "Was? Ja, gern." Der Tierarzt nahm seine Brille ab und putzte sie. "Also, schieß los!" Dolly scheuchte eine Katze von ihrem Stuhl und setzte sich. "Wer hat dich so geärgert?" Knapps strich sich über das zerzauste Haar. "Du weißt doch, dass ich jeden Morgen zu Klipperbuschs Hof rausfahr", erzählte der Doktor, "Weil ich Klipperbuschs Stute, die mutterseelenallein in ihrem Stall steht, versorge. Ich warte seit Tagen darauf, dass ein Neffe sich endlich auf dem Hof blicken lässt und entscheidet, was aus dem Tier werden soll. Einen anderen Erben gibt es ja wohl nicht, wenn er der einzige lebende Verwandte ist." "Würde ich auch so sehen", sagte Dolly. "Klipperbusch mochte ihn zwar nicht besonders, aber er ist der Sohn seiner Lieblingsschwester." "Ein Mistkerl ist er!", rief der Doktor. "Weißt du was der Kerl heute Morgen zu mir sagt, als ich ihn endlich auf dem Hof treffe?" Knapps haute mit der flachen Hand so fest auf den Tisch, dass Emmas Kakao überschwappte. "Dass er schon den Pferdeschlachter angerufen hat! Jetzt kommst du!"

Dolly schüttelte den Kopf. "Das hört sich ganz nach Klipperbuschs Neffen an", sagte sie. "Hab ihn ein paarmal bei Klipperbusch getroffen. Das hat mir gereicht. Albert heißt er, oder?" Der Doktor nickte. "Albert Gansmann. Weißt du was?" Er beugte sich über den Tisch. "Als ich dem Kerl erklär, dass das Tier kerngesund ist, dass es gut und gern noch zehn Jahre leben kann und dass er es doch irgendwo in Pflege geben soll, wenn er sich nicht selbst drum kümmern kann, da grinst er mir ins Gesicht und sagt: > Der Pferdeschlachter zahlt mir dreihundert Mark und alles andere kostet mein Geld.< Das war seine ganze Antwort!"

Die Idee zu "Hände weg von Mississippi" hatte ich in..... Venedig! Nicht unbedingt der Platz, an den man denkt, wenn man die Geschichte liest, aber so war es.

Sie kam zu mir in der Hotellobby des Gabrielli Sandwirth, und draußen begann es zu schneien. Ein sehr ungewöhnlicher Anblick in Venedig. Dann kam natürlich die Inspiration meines Lebens am Stadtrand von Hamburg dazu, mein Islandpferd, mein Hund, das Leben zwischen Wiesen und Feldern, auch wenn Hamburg-Sasel oder Ohlstedt keine Dörfer wie das von Dolly sind. Und Klipperbuschs Traum von Amerika, ja, den hatte ich wohl schon damals, ohne es wirklich zu wissen. Ich dachte, die Idee käme nur von meiner Liebe zu Tom Sawyer und Huckleberry Finn. Aber mir ist es schon oft so gegangen, dass eine Geschichte mehr über meine Zukunft wusste als ich selbst. Sehr seltsam...